Etwas Kirchberg und Österreich gefällig?

Artikel für Kirchberg Zeitung

 

Gedankensplitter zum geplanten Spaziergang „KirchbergDaham“ am 14. April

Vom Hauptplatz zu den beiden Kriegerdenkmälern

Dr. Gerhard Ungersböck

 

Wir, die Teilnehmer an den Spaziergängen durch Kirchberg haben uns schon wiederholt am Kirchberger Hauptplatz getroffen. Immer wieder wird die Mariensäule mit den Statuen des Jakobus, des Rochus, des Johannes Nepomuk und des Sebastian betrachtet.  – Doch auch die umstehenden Häuser verdienen ihre Aufmerksamkeit. In den beiden alten Gasthöfen „Zur Linde“ bzw. „Zum Grünen Baum“ haben unsere Zusammenkünfte wiederholt ihren Ausklang gefunden. – Leider stehen ehemalige Geschäfte leer und harren einer neuen Nutzung.

Unser Interesse wird 14. April zunächst dem „Burger Haus“ gelten. Auffallend ist das Zeichen unterhalb des Giebels. Es handelt sich um ein Runenzeichen, genauer um die Elhaz oder Algiz-Rune, das 15. Zeichen aus der germanischen Runenreihe. Der tatsächliche Name der Rune ist unklar; die drei Quellsprachen (altnordisch, altenglisch und spätgotisch) liefern keine klaren Befunde. Ursprünglich dürfte der Name „Elch“ bedeutet haben.

Um das Jahr 1900 erfand ein völkischer Esoteriker, rassistisch und antisemitisch orientiert, das sogenannte Armanen-Futhark“ (eine Runenreihe). Hier wird die Rune als „Lebensrune“ und ihr invertiertes Pendant (eine Sturzrune, auf den Kopf gestellt) als „Todesrune“ bezeichnet. Diese Namen und ihre Deutung sind rein fiktiv, während die Form lose auf der Elhaz-Rune basiert.

Unter dem NS-Regime wurde die Lebensrune als Lebensborn-Zeichen sowie in Abgrenzung zur christlichen Symbolik anstatt der üblichen genealogischen Zeichen für das Geburtsdatum (*) und in gestürzter Form (ᛦ) für das Sterbedatum (†) verwendet. Weitere Verwendungen fand sie im Apothekenlogo im Dritten Reich, am Armband des Sanitätsdienstes in der Hitlerjugend.

Die Elhaz-Rune war auch Symbol der von 1967 bis 1988 in Österreich bestehenden, von Dr. Norbert Burger gegründeten Nationaldemokratische Partei (NDP).

 

Inschriften auf dem „Burger Haus“:

Die Männer sind des Reiches Hüter – Das Volk jedoch lebt durch die Mütter.

Eine weitere Inschrift am Haus wurde entfernt: Sie stammte von Ottokar Kernstock

Von der Mutter schon als Kind,

Lernten deutsch wir beten,

Wollen einst auch Deutsch gesinnt,

Vor den Herrgott treten

 

Einige Bemerkungen zum „deutschen Dichter“ Ottokar Kernstock:

,,Ottokar Kernstock, eigentlich Otto Kernstock (*1848 in Marburg an der Drau, Steiermark, Kaisertum Österreich, heute Slowenien; †1928 auf Schloss Festenburg, Steiermark) war ein österreichischer Dichter, Priester und Augustiner-Chorherr.

Seine deutschnationale Gesinnung zeigen unter anderem Gedichte wie Civis Germanus sum! Oder Ein Fund. In Die deutsche Eiche formulierte er:

Slawenlinden steh’n in dichten
Reih’n mit Pinien welscher Art
Und mit Böhmerwalder Fichten
Dort freundnachbarlich gepaart.
Aber mitten im Bereiche
Dieser grünen Herrlichkeit
Ragt die deutsche Donnereiche
Wie ein Held der Hünenzeit.

1920 schrieb Kernstock zur Melodie der Kaiserhymne einen als Deutschösterreichische Volkshymne betitelten Text. Per Ministerratsbeschluss der Regierung Schober III wurden Text und Melodie als Sei gesegnet ohne Ende am 13. Dezember 1929 zur Bundeshymne erklärt und blieben sie auch während des austrofaschistischen Ständestaates bis 1938.

In Österreich wurden nach seinem Tod zahlreiche Straßen und Plätze nach Kernstock benannt. Nach dem „Anschluss“ 1938 wurde vor allem das Hakenkreuzlied (1923 von Kernstock für die Fürstenfelder Ortsgruppe der Deutschen Nationalsozialistischen Arbeiterpartei verfasst) von den Nazis zur Propaganda verwendet.  – Nach 1945 geriet Kernstock zunehmend in Vergessenheit. Teilweise wurde die Benennung von Straßen und Plätzen – oft erst nach längeren Debatten – rückgängig gemacht. So wurde 1992 in Wien-Ottakring der Kernstockplatz in Familienplatz, 1993 die Ottokar-Kernstock-Straße in Wien-Penzing in Jägerstätterstraße umbenannt.

Ottokar Kernstock führte die Bezeichnung Wechselgau für den Raum zwischen Hartberg und dem Wechsel ein. Der Begriff hat sich zwar nicht durchgesetzt lebt jedoch im Namen der regionalen Genossenschaft Lagerhaus Wechselgau reg. GenmbH der RWA Raiffeisen Ware Austria weiter, welche aus der 1929 von 130 Bauern gegründeten Molkerei Wechselgau hervorging.

Zur Kirchberger Kernstockwarte, die man vom Hauptplatz gut sehen kann:  Bereits 1886 wurde eine Warte am 852m hohen Wolfenkogel errichtet; 1930 wurde diese vom deutschnationalen Verschönerungsverein erweitert und nach Kernstock benannt; 1986 und auch später generalsaniert.

 

Von unserem Gerhard Ungersböck.

Totengedenken und Kriegerdenkmäler

Totengedenken ist eine Erfindung der letzten Jahrhunderte. Lange Zeit wurden nur Herrscher und Feldherrn würdig bestattet und es wurde ihrer gedacht. Kriegerdenkmäler, die nicht nur an Feldherren oder Offiziere, sondern auch an einfache Soldaten erinnern, entstanden nach der Französischen Revolution mit der Massenmolilisierung.  – Schon vor dem 1. Weltkrieg gab es einzelne Denkmäler, die an tote Soldaten erinnern sollten. So wurde für die Gefallenen der Schlacht bei Aspern von Joseph Kornhäusel als „Tempel des Kriegsruhms“ 1813 der Husarentempel bei Mödling errichtet. Ebenfalls in Erinnerung an diese Schlacht wurde der Löwe von Aspern geschaffen. In Erinnerung an die Gefallenen Soldaten der Völkerschlacht bei Leipzig wurde von Soldaten der kaiserlich-österreichischen Armee das Heldentor auf der Wiener Ringstraße gebaut. Die Ruhmeshalle des Wiener Heeresgeschichtlichen Museums wurde als die Gedenkstätte für die Kaiserliche Armee/k.u.k.-Armee konzipiert.

 

In Österreich stehen in vielen Ortschaften auf dem Hauptplatz, bei der Kirche oder auf dem Friedhof Kriegerdenkmäler, die an die Gefallenen beider Weltkriege erinnern sollen. Hier sind meist die aus der jeweiligen Ortschaft stammenden Gefallenen mit Namen, Todesdatum und -land eingetragen. In seltenen Fällen gehören zu diesen Denkmälern Fotogalerien. Sie erinnern an die in einem Krieg gefallenen Soldaten (nicht an die Kriegsopfer). Kriegerdenkmäler – Kriegerehrenmale oder Ehrenmale– gehören in fast allen Teilnehmerstaaten des Ersten Weltkrieges zum Landschaftsbild. Viele wurden um Gedenkschriften zu den Gefallenen des Zweiten Weltkrieges erweitert. Kriegerdenkmäler wurden aber auch in anderen Ländern anlässlich anderer Konflikte errichtet.

Denkmäler rufen ganz allgemein häufig zwiespältige Gefühle hervor: von Hochachtung bis zur starken Ablehnung. Aufmerksamkeit erhalten sie meist dann, wenn Schleifung, Verlegung oder Veränderung diskutiert wird, sonst sind sie oft nur stumme Zeugen; Prüfstein der Weltanschauungen, Stein des Anstoßes, wie der Siegfried-Kopf in der Aula der Wiener Universität, das Heldendenkmal am Äußeren Burgtor, Alfred Hrdlickas Antifaschismus- Denkmal am Albertinaplatz oder das Denkmal der Roten Armee am Schwarzenbergplatz.

Kriegerdenkmäler präsentieren und verarbeiten den Kriegstod – unterschiedlich als patriotische Motivation, als christliche Leidensgeschichte, als heidnischer Heldenmythos, als Opfer für die Gemeinschaft, als Propagandamittel, als Aufforderung zur Nachahmung von Heldentaten, als Vorbereitung für eine Revanche oder als Mahnmal gegen den Krieg.  – Sind sie Siegeszeichen oder Denkmal der Niederlage? Sind die toten Soldaten wirklich alle „Helden“, „Träger der Ehre“, „Beschützer des Vaterlandes“? Handelt es sich um ein idealisiertes Opfer für die Gemeinschaft, um Pflichterfüllung gegenüber einem politischen (verbrecherischen?) System, um eine freie Entscheidung oder Druck/Zwang?

Die Funktion eines Kriegerdenkmals ist vielfältig. Es soll die Angehörigen trösten, indem es dem Tod ihrer Verwandten einen Sinn verleiht, es soll die Überlebenden auf das Vorbild der Opfer verpflichten und den Staat und seine Ideale repräsentieren. Deshalb gab es um die Aufstellung von Kriegerdenkmälern auch häufig Konflikte. Verschiedene gesellschaftliche Gruppen versuchen noch heute, ihr Verständnis von Krieg und Gesellschaft in den Vordergrund zu stellen. Zu den vielen Stichworten gehören Dankbarkeit, Trauer, Totenkult, Helden, Nation, Volk und Freiheit.

In den Kriegerdenkmälern spiegelt sich auch das Verhältnis des Militärs zur Gesellschaft wider; lange Zeit waren Armeen nur Last und Plage, Ursache von Seuchen und Plünderungen und Mord.

Am Gebiet der Gemeinde Kirchberg befinden sich 3 Kriegerdenkmäler; das vor der Burg Kranichberg besichtigte KirchbergDaham im letzten April. Das Denkmal, das an die Gefallenen des 1. Weltkrieges erinnert, befindet sich im Park – vom Kameradschaftsbund restauriert; das neue Denkmal aus den 50er Jahren vor der Pfarrkirche. Mit den zahlreichen Gedenkbildern und Sterbebildern in der Grabkapelle des Kalvarienberges existiert eine weitere Gedenkstätte.

Wohin geht der Weg? Weg vom Feldherrndenkmal über die Heldengedenkstätte bis zum Grabmal des Unbekannten Soldaten, neuerdings des Unbekannten Deserteurs. Was ist mit den Ziviltoten, den Opfern des Nazionalsozialismus?

 

Weitere Informationen und Gelegenheit zu Fragen und zur Diskussion bietet der Spaziergang von KirchbergDaham am 14. April 2018.

Anregungen zu diesem Text:

  1. Wo sind sie geblieben? Kriegerdenkmäler und Gefallenenehrung in Österreich (Schrift des Heeresgeschichtlichen Museums, von Joachim Giller, H. Mader und Ch. Seidl)
  2. Jürgen Weninger: „Dr. Norbert Burger – Eine politische Biographie“ (Diplomarbeit zur Erlangung des Magistergrades an der Universität Wien)
  3. 06

 

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